Navid

Afghanistan/ Iran

An sein Geburtsland Afghanistan kann sich Navid nicht mehr erinnern. Als 2001 der Krieg in Afghanistan begann, war Navid gerade mal zwei Jahre alt und seine Eltern fühlten sich nicht mehr sicher. Sie flüchteten mit ihren 5 Kindern in das Nachbarland Iran. Dort in der Millionenstadt Shiraz ging Navid für 5 Jahre in die Schule, danach verdiente er mit Gelegenheitsjobs etwas zum Familieneinkommen dazu. Sein Vater war Maurer und nahm ihn des Öfteren mit auf die Baustellen. Navid war gerade 12 Jahre alt, als er eines Tages vom Dach eines Rohbaus stürzte und sich dabei so schwer verletzte, dass er über ein Jahr nicht mehr laufen konnte. Durch die Schädigung des Rückenmarks ist Navid noch heute stark gehbehindert. Trotzdem fand er einen Job in einem kleinen Laden und reparierte dort Handys. Als Afghane im Iran und dann mit einer körperlichen Behinderung sah er keine große Perspektive für seine Zukunft und entschied sich im Jahr 2015, gerade 16 Jahre alt, zusammen mit einem Freund das Land Richtung Europa zu verlassen. Da Navid und sein Freund keinerlei Ausweispapiere besaßen, mussten sie illegal nachts durch die Berge in die Türkei reisen,  was für ihn der schwierigste Teil seiner langen Reise nach Deutschland war. Teilweise konnte er einen Esel mieten, auf dem er sich fortbewegte und teilweise wurde er von seinem Freund getragen. In der Türkei angekommen wurden sie von Schleusern empfangen und gegen Bezahlung erst einmal nach Istanbul gebracht und später an die Ägäis, dann mit einem Schlauchboot nach Griechenland und unter anderem über Mazedonien und  Österreich nach Deutschland. Dort angekommen, Navid wog gerade einmal 40 kg, kamen er und sein Freund in ein Sammellager, wo sie erst einmal einen Deutschkurs belegten und da Navid noch minderjährig war, kam er in eine Pflegefamilie. Dort besuchte er die deutsche Schule, machte schließlich seinen Hauptschulabschluss und begann eine drei jährige Ausbildung in Orthopädietechnik, die er 2021 erfolgreich absolvierte. Seitdem arbeitet er als Orthopädiemechaniker in einer Werkstatt für Orthopädie-Schuhtechnik. Sein Wunsch für die Zukunft ist es, in einigen Jahren den Meister in Orthopädietechnik zu machen.

Wir bedanken uns bei Thomas Wallmeyer für die Verwendung der Portraits geflüchteter Menschen und ihrer Fluchtgeschichten.